Kluftgestein erfolgreich mit Dampf gereinigt

CKW-Sanierung im Festgestein abgeschlossen

Historie der Altablagerung Biswurm, Villingen-Schwenningen

Am ehemaligen städtischen Verbrennungsplatz Biswurm in Villingen-Schwenningen wurden zwischen 1960 und 1974 in offenen Becken u.a. Lösemittel (chlorierte Kohlenwasserstoffe, CKW), Altöle, Lacke und diverse Industrieabfälle gesammelt und verbrannt. Mit dem schadstoffhaltigen Wasser aus den Verbrennungsbecken gelangten nach der Verbrennung große Mengen chlorierter Kohlenwasserstoffe (CKW) und Schwermetalle in den Untergrund. Die grundwassergefährdenden Schadstoffe breiteten sich bis in eine Tiefe von 37 m im Kluftgestein aus. Mit der bis zu 4.000-fachen Überschreitung von Prüfwerten war der Standort Biswurm eine der größten Altlasten in Baden-Württemberg. Eine Sanierung war daher erforderlich.

Der oberflächennahe Bereich der ehemaligen Verbrennungsbecken wurde im Jahr 2004 durch Bodenaustausch bis max. 3,50 m Tiefe saniert. Dabei wurden etwa 7.100 t Boden verwertet oder entsorgt. Das entfernte Schadstoffpotenzial betrug im Mittel 1.600 kg CKW, 2.200 kg Kupfer, 40 kg Blei und 600 kg MKW.

Verfahrensauswahl Dampfinjektion und Bodenluftabsaugung

In der Sanierungsuntersuchung wurde zur Verkürzung der Sanierungszeit der hydraulischen Sanierung eine thermische In-situ-Sanierung vorgeschlagen. Eine Grundwassersicherung unter Nutzung herkömmlicher Verfahren mit einer voraussichtlichen Sanierungsdauer von mindestens 40 Jahren hätte etwa 12 Millionen Euro gekostet. Ein moderneres Sanierungsverfahren wie beispielsweise eine thermische In-situ-Sanierung (TISS) kann trotz einer aufwendigeren Anlagentechnik konventionellen Sanierungsverfahren oft wirtschaftlich überlegen sein. Grund hierfür sind die kurzen Betriebszeiten bei TISS. In-situ-Sanierungen in Kluftgesteinen stellen jedoch eine besondere Herausforderung dar. Denn wenige große Klüfte können eine Bodenluftabsaugung oder eine hydraulische Grundwassersanierung dominieren.

Dampfinjektion bzw. Dampf-Luft-Injektion (DLI) werden vornehmlich in besser durchlässigem Boden, beispielsweise im Sand, erfolgreich angewandt. Die Anwendung einer DLI bei der Altablagerung "Biswurm" war die erste europaweite Anwendung dieses Verfahrens im Kluftgestein. Nach Prüfung und Vorplanungen durch VEGAS im Frühsommer 2008 wurde im Zeitraum März bis September 2009 im Rahmen des Forschungsprogramms SAFIRA II des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung GmbH – UFZ, Leipzig, im Rahmen der Sanierungsplanung "Biswurm“ in Kooperation mit der Stadt Villingen-Schwenningen eine thermische Pilotsanierung mit Dampf-Luft-Injektion im Kernbereich des Boden- und Grundwasserschadens durchgeführt. Die Effizienz einer Dampfinjektion ins Festgestein auch bei schwierigen klüftigen Verhältnissen am Standort Biswurm wurde hierbei nachgewiesen.

Daher wurde eine Dampfinjektion mit zusätzlicher Luftinjektion als Verfahren zur Gesamtsanierung des Standortes ausgewählt. Auf einer Gesamtfläche von etwa 2.800m² wurden hierzu 31 Brunnen zur Dampfinjektion und 35 Brunnen zur Bodenluftabsaugung installiert. Insgesamt wurde eine Schadstoffrückförderung von mehreren Tonnen CKW erwartet. Die Bauüberwachung für die Dampf-Luft-Injektion lag beim Büro GEOsens, eine Fachberatung erfolgte durch VEGAS. Zusätzlich wurde für den Zeitraum der Sanierung eine bestehende Grundwasserreinigung als hydraulische Sicherung mit einer Leistung von 12 m³/h von der BAUER Umwelttechnik GmbH betrieben und gewartet.

Dampferzeuger zur Grundwassersanierung

reconsite lieferte als Verfahrensentwickler und Spezialanbieter für thermische In-situ-Sanierungen (TISS) zur Bodensanierung und Grundwasserreinigung die Heiztechnik, die zugehörigen Steuerungsmodule und die Messtechnik für die BAUER Umwelttechnik GmbH. Diese ergänzte die Sanierungstechnik um eine Bodenluftabsaugung, eine Abluftreinigung mittels katalytischer Oxidation und eine Zentralsteuerung der einzelnen Komponenten am Standort Biswurm im Auftrag der Stadt Villingen-Schwenningen. Die CKW-Sanierung began im Juli 2012 mit der Injektion von Dampf in die Klüfte.

Basierend auf unseren langjährigen Erfahrungen bei vorangegangenen Sanierungen u.a. in Deutschland, Italien und Großbritannien hatten wir speziell für die Bedürfnisse am Standort Biswurm eine modulare Anlage mit Dampferzeugern, Luftzugabe und gestufter Regelung der Injektionsleistung konzipiert und umgesetzt. Durch die Verknüpfung unterschiedlicher Module ist eine Dampfleistung von 400, 600, 700 und 1.000 kg/h abrufbar und ermöglicht so bei variablen Betriebsbedingungen eine besonders hohe Wirtschaftlichkeit und Energieeffizienz.

In den Dampf wurde zusätzlich Luft eingespeist und das Dampf-Luft-Gemisch mit über 100°C in den etwa 10-15°C kalten Untergrund injiziert. Durch die Erwärmung verdampften die Schadstoffe erheblich schneller. Der zusätzliche Luftstrom unterstützte eine schnelle Schadstoffrückförderung über die Bodenluftabsaugung aus dem klüftigen Festgestein und dem Grundwasser. Eine konventionelle Bodenluftabsaugung bei natürlichen Temperaturen von 10-15°C benötigt für den gleichen Prozess mindestens eine zehnmal längere Betriebszeit. Bis zu zehn Brunnen wurden zur Injektion zeitgleich mit dem Dampf-Luft-Gemisch beschickt. Die Injektionsmengen je Brunnen wurden über Messeinrichtungen online überwacht.

Unsere Dampfanlage war hinsichtlich ihrer Kapazität die seinerzeit größte im Einsatz befindliche moblie Anlage zur Dampf-Luft-Injektion bei der Altlastensanierung und hinsichtlich ihrer flexiblen Einsatzmöglichkeiten einzigartig. Für die CKW-Sanierung wurden rund 18.000 Tonnen Dampf in die Klüfte zur Rückgewinnung der wassergefährdenden chlorierten Kohlenwasserstoffe injiziert.

Insgesamt wurden rund 5 Tonnen CKW aus den Klüften und dem porösen Festgestein zurückgewonnen.

Größte Anlage zur Dampf-Luft-Injektion

Blick in die derzeit größte im Einsatz befindliche Anlage zur Dampfinjektion bzw. Dampf-Luft-Injektion bei der Sanierung von Altlasten. Der modulare Anlagenaufbau mit Dampfleistungen von 400, 600, 700 und 1.000 kg/h ist bei variablen Betriebsbedingungen besonders wirtschaftlich und energieeffizient.

CKW im Kluftgestein

Charakteristisch für ein Kluftgestein - wenige Klüfte können präferenzielle Fließwege bilden und so die Versickerung von Wasser und Schadstoffen dominieren. Gleiches gilt für die Injektion von Dampf und die Förderung von Bodenluft und Grundwasser.

Brunnen im Sanierungsfeld Biswurm

Brunnen zur Dampfinjektion (Dampf-Luft-Gemisch) und zur Bodenluftabsaugung bei der thermischen in-situ Sanierung