Boden- und Grundwasserverunreinigung durch ein Tanklager
Auf dem Grundstück eines metallverarbeitenden Betriebs wurden in den 1960er Jahren unterirdische, einwandige Tanks u.a. für TCE installiert und betrieben. TCE (Trichlorethen) wurde als Lösemittel zur Metallentfettung in der Produktion eingesetzt. Lösemittelhaltige Dämpfe wurden in der Produktion abgesaugt. Neben den Tanks wurde TCE aus diesen lösemittelhaltigen Dämpfen in einer oberirdischen Anlage durch Kondensation zurückgewonnen. Das kondensierte Wasser wurde in das Kanalnetz geleitet.
TCE gehört zur Stoffgruppe der chlorierten Kohlenwasserstoffe (CKW). Heute ist bekannt, dass CKW, also auch TCE, schädlich für Wasserorganismen ist und kanzerogen (krebserregend) bei Menschen wirkt. Im Jahr 1977 wurde diese TCE-Tankanlage rückgebaut und durch eine neue Tank-Anlage mit drei unterirdischen Tanks für Benzin, Toluol und Spiritus ersetzt. Benzin, Toluol, Ethyolbenzol und Xylol werden als Stoffgruppe BTEX abgekürzt.
In der zweiten Hälfte der 1980er Jahre wurden CKW-Belastungen im Grundwasser (GW) gemessen. Daraufhin wurde die Bodenluft bis in 2 m Tiefe erkundet und schädliche Bodenbelastungen durch CKW und BTEX im Umfeld des Tanklagers dokumentiert.
Seit 1989 wurde im Bereich des Tanklagers eine Bodenluftabsaugung (BLA) zwischen 2-10 m u. Gelände betrieben. Der bindige Boden mit halbfesten Schlufflagen und tonigen Bereichen war nur durch eingelagerte Sandbändchen für die Bodenluftabsaugung ergiebig.
Die CKW-Belastungen im geförderten Grundwasser wurden mit einer Strippanlage beseitigt (Grundwassersanierung). Nach der Unterschreitung der Sanierungsziele ab März 2004 wurde die Grundwassersanierung zunächst Ende 2006 für vier Monate außer Betrieb genommen. 2007 überstieg die CKW-Konzentration im Grundwasser wieder das Sanierungsziel um das Fünffache. Die Grundwassersanierung wurde wieder kontinuierlich in Betrieb genommen.
Der CKW-BTEX-Austrag aus dem Boden war bei der zeitgleich betrieben Bodenluftabsaugung weitestgehend auf ähnlich hohem Niveau. Seit Ende der 1980er Jahre wurden bis 2011 in Summe mehrere Tonnen an CKW und BTEX aus dem Boden und dem Grundwasser entfernt. Der mittlerer Monatsaustrag betrug im Jahr 2011 rund 15 kg CKW und BTEX. Vom zuständigen Regierungspräsidium wurde daher eine detailliertere Untersuchung zur Eingrenzung des Schadens angeregt.
Uwe Hiester und Michael Wolf: Thermische in-situ Sanierung von CKW und BTEX - Konventionelle Sanierung auf dem Prüfstand. Altlasten annual 2016. Altlasten und Schadensfälle - Neue Entwicklungen. Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG), Bad Camberg, 13.-14.06.2016, ISBN: 987-3-89531-875-7, pp. 57-65.
Sanierungsaudit
Die reconsite GmbH wurde im Jahr 2011 mit einem Sanierungsaudit der langlaufenden Sanierungsanlage beauftragt. In diesem Zusammenhang wurden die Verfahrenstechnik und das bisherige Standortbild beurteilt. Durch ergänzende Untersuchungen wurde ein konzeptionelles Standortmodell entwickelt. Der Fokus lag auf einer flächigen und tiefenorientierten Eingrenzung der Schadstoffquellen. Hierbei wurden auch die Bodenschichten, die Geologie und die Hydrogeologie detailliert untersucht. Zur flächigen Eingrenzung der Schadstoffquellen erfolgte zunächst ein Phytoscreening, bei dem umstehende Bäume auf eine Schadstoffaufnahme hin beprobt wurden. Hierdurch ergaben sich ergänzende Hinweise auf Schadstoffquellen.
Anschließend erfolgten vertikale und laterale Abgrenzungen der Schadenstoffquellen unter anderem mittels Bodenproben, MIP-Sondierungen (Membrane Interface Probe), Immissionspumpversuchen und Grundwasserproben.
Bei der Detailuntersuchung erfolgte eine Gefährdungsbeurteilung. Mit dem neu erstellten konzeptionellen Standortmodell wurde eine Schadstoffquelle von rund 2.500 m² neben dem Tanklager und von rund 500 m² in einem Nebenbereich abgegrenzt. Die weiteren Abstimmungen mit dem Regierungspräsidium ergaben anhand der Gefährdungsanalyse einen Sanierungsbedarf der Schadstoffquellen bis in eine Tiefe von rund 19 m unterhalb der Geländeoberkante.
Zur Beseitigung der Schadensherde erfolgte im Rahmen der Sanierungsplanung ein Verfahrensvergleich von Bodenaushub, Weiterführung der bisherigen Bodenluftabsaugung und Grundwasserreinigung sowie einer thermischen in-situ Sanierung. Letztere stellte sich als die wirtschaftlichste Lösung heraus. Zudem war anhand überschlägiger Ökobilanzen ersichtlich, dass hierbei die geringsten Umweltbelastungen durch die Sanierung entstehen würden.

Sanierung mit dem THERIS-Verfahren (feste Wärmequellen)
Bei der thermischen in-situ Sanierung mit dem THERIS-Verfahren werden Boden und Grundwasser mit elektrisch betriebenen Heizelementen aufgeheizt. Der Betrieb mit Strom aus 100% regenerativen Quellen ist möglich. Flüchtige Schadstoffe wie CKW und BTEX werden durch die hohen Temperaturen schnell verdampft und gezielt mit einer Bodenluftabsaugung aus dem Boden entfernt. Eine in-situ Sanierung mit dem THERIS-Verfahren dauert nur wenige Monate. Zudem ermöglichte die TISS eine uneingeschränkte Weiternutzung des Gewerbestandortes während der Altlastensanierung.
Im Rahmen der Ausführungsplanung für die TISS wurde auch die Sanierung unter einer Böschung mit 6 m Höhenversatz neben dem Tanklager eingebunden. Für die Installationen unter der Böschung wurde eine Berme für Bohrgeräte eingeschoben. Heizelemente, BLA-Pegel und Grundwasserbrunnen wurden daher auf drei Geländehöhen installiert. Im Sanierungsbereich befanden sich auch erdverlegte Leitungen, die durch die Sanierung nicht beschädigt werden durften. Der Sanierungsbetrieb erfolgte in mehreren Teilflächen. Es wurde immer nur ein Sanierungsbereich für den Sanierungsbetrieb reserviert und genutzt. Danach ließ sich der gereinigte, ehemalige Sanierungsbereich wieder ohne Einschränkungen vom Standorteigentümer nutzen.
Für den Sanierungsbetrieb wurde Heiztechnik mit einer Leistung von ca. 720 kW und eine neue BLA mit einer Leistung von bis zu 2.100 m³ Bodenluft/h einschließlich Abluftreinigung installiert. Die Grundwasserförderung wurde auf bis zu 2 m³ Wasser/h ausgelegt. Zur Grundwasserreinigung wurden bestehende Stripptürme mit Filtern genutzt. Die Steuerung der Sanierungsanlage erfolgte über Fernzugriff. Die sanierungsrelevanten Prozesse wurden mit automatisierter Probenahme- und Messtechnik erfasst (z.B. Bodenerwärmung, Schadstoffaustrag mit der Bodenluft und dem Grundwasser). Datenfernübertragung und -auswertung erfolgten automatisiert, u.a. mit eigener Software. Der Schadstoffaustrag wurde für Teilbereiche differenziert bilanziert.
Im Bereich des Tanklagers wurden insgesamt 318 Heizelemente zur Boden- und Grundwassererwärmung tiefengestaffelt installiert und betrieben (heterogene Schadstoffverteilung). Temperaturbeständige Grundwasserpumpen wurden in 10 Brunnen betrieben. Die schadstoffbelastete Bodenluft wurde über insgesamt 97 BLA-Pegeln tiefengestaffelt gefördert und im Leitungssystem zur Bodenluftreinigung geleitet (Luftaktivkohle). Vor dieser wurde die Luft gekühlt und getrocknet (Kondensatoren, Wasserabscheider). Das Kondensat wurde gesammelt und der Wasserreinigungsanlage zugeführt.


Mobiles Umweltlabor zur Vor-Ort-Messung
Die sanierungsrelevanten Prozesse wurden mit automatisierter Probenahme- und Messtechnik erfasst (z.B. Bodenerwärmung, Schadstoffaustrag mit der Bodenluft und dem Grundwasser). Die Proben werden vor Ort in mobilen Gaschromatographen analysiert. Der Schadstoffaustrag wurde für Teilbereiche differenziert bilanziert.
Die Messwertverarbeitung und die Prozesssteuerung wurden mittels fernüberwachter und automatisierter Probenahme- und Monitoringsysteme durchgeführt. Dies ermöglichte eine kontinuierliche Überwachung von Temperatur, Druck und Förderraten sowie der Konzentrationen und Austragsraten in Boden, Bodenluft und Grundwasser. Die Fernüberwachung ermöglichte eine kontinuierliche Dokumentation und Anpassung der Anlagenparameter je Betriebsphase.
Ökologische und ökonomische Altlastensanierung mit Generationenverantwortung
Seit Beginn der 1990er Jahre wurden mittels einer konventionellen Bodenluftabsaugung und Grundwassersanierung 5.400 kg CKW und BTEX zurückgewonnen (s. Diagramm: “kalter”, blauer Schadstoffaustrag). Innerhalb von 26 Monaten Sanierungsbetrieb mit dem THERIS®-Verfahren wurden weitere 5.100 kg CKW und BTEX ausgetragen (s. Diagramm: “heißer”, roter Schadstoffaustrag). Dieses entspricht etwa einem 20-jährigen Sanierungsbetrieb mit einer konventionellen Bodenluftabsaugung oder einer Verkürzung der konventionellen Sanierungszeit um mindestens 90%.
Diese Verkürzung ermöglichte eine unmittelbare Wiedernutzung des Gewerbestandortes ohne eine Brachliegezeit – vorbildlich für ein engagiertes Flächenrecycling und die Minderung des Flächenverbrauchs.
Im alternativen Szenario eines Bodenaustausches mit Großlochbohrungen wären grob 96.000 t kontaminierter Aushub angefallen (ca. 3.800 Sattelzüge). Der TISS-Gesamtenergieverbrauch betrug grob 5,1 GWh Strom. Äquivalent ließe sich der Aushub mit dieser Energiemenge etwa 20 km weit transportieren (ohne Antransport sauberer Verfüllmassen). Im Vergleich mit konvent. GW-Reinigungen ergeben sich für diese TISS spez. Kosten von 730 €/kg. Diese lagen bei einem Drittel der Median-Kosten langlaufender GW-Sicherungen (2.200 €/kg). Beim spez. Energieverbrauch bewegt sich die TISS trotz der geringen Durchlässigkeit mit 1.020 kWh/kg in der Größenordnung von GW-Sicherungen (Median 850 kWh/kg). Diese TISS darf daher als ressourcenschonend, energiesparend und nachhaltig bezeichnet werden.

Aktive Grundstücksnutzung statt Brachflächen
Im Nachgang zur erfolgreichen thermischen Altlastensanierung (TISS) wurde das Grundstück in der Altflächendatei des zuständigen Bundeslands mit dem Status „Sanierung (Dekontamination) abgeschlossen“ eingetragen. Eine abschließende Erfolgskontrolle durch Absaugversuche nach der TISS zeigte zudem, dass ein Wiederanstieg der TCE-Konzentrationen nicht zu befürchten ist. Diese lagen auch mehrere Monate nach Ende der Sanierung deutlich unter den Abschaltwerten. Ein dauerhafter Sanierungserfolg ist somit durch die THERIS-Maßnahme gegeben. Dies wurde 5 Jahre nach Sanierungsende im Sommer 2023 durch die Beprobung der ehemaligen Sanierungsbrunnen bestätigt.
Durch die erfolgreiche in-situ Altlastensanierung konnte das 21.000 m² große Gewerbegrundstück wieder in Verkehr gebracht werden. Hierzu erfolgte eine Grundstücksteilung. Die Veräußerung erfolgte in zwei Schritten an Investoren. Diese restrukturierten den Standort, bauten Altgebäude teils zurück und investierten in moderne Gewerbeimmobilien. Unmittelbar nach dem Verkauf entstand auf dem Gewerbegrundstück eine moderne, zukunftsweisende Logistikimmobilie.
Die vorausschauende Beseitigung von Schadstoffquellen ermöglicht eine aktive Grundstücksnutzung und vermeidet Brachflächen. Ein Mehrwert für unsere Gesellschaft und die Umwelt.