MKW-Sanierung ehem. Tanklager Petroleumhafen Hamburg-Waltershof
Größte thermische in-situ Sanierung
Mineralölkohlenwasserstoffe (MKW) im Boden und im Grundwasser
Der Petroleumhafen in Hamburg-Waltershof wurde seit den 1920er Jahren betrieben und ausgebaut. Im Verlauf des 2. Weltkriegs wurde das Tanklager zerstört. Dabei wurden erhebliche Mengen an Mineralölkohlenwasserstoffen (MKW) und anderen Schadstoffen freigesetzt. Diese umwelt- und gesundheitsgefährdenden Stoffe versickerten im Boden und belasteten Boden und Grundwasser erheblich (unter anderem durch gesundheitsgefährdende Kohlenwasserstoffe (KW) wie Benzin-KW, BTEX und PAK (polyzyklische aromatische KW)). In einigen Bereichen schwamm Leichtphase auf dem tidebeeinflussten Grundwasser.
Nach dem Krieg wurde das Areal wieder aufgebaut, neue Lagertanks errichtet und das Tanklager weiter betrieben (Abbildung 1). Im Zuge der Umstrukturierung des Hafens und der Weiterentwicklung der Containerterminals steht die Umnutzung der Halbinsel am Tankweg an. Hierzu wurde der Betrieb des Petroleumhafens beendet und die Tanklager zurückgebaut. Im Zuge der Baureifmachung wurde die Altlastensanierung zur Beseitigung der MKW aus Boden und Grundwasser umgesetzt.
Sanierungsziele für Boden und Grundwasser
Die Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft (BUKEA) der Freien und Hansestadt Hamburg beauftragte die Sanierung eines hochbelasteten Areals auf einer Grundfläche von grob 10.000 m2 bis in eine Tiefe von bis zu 12 m unter der Geländeoberkante (GOK) (Abbildung 2 und 3). Das Ziel: Eine nachhaltige Schadstoffentfrachtung des Untergrundes durch Beseitigung der MKW unter Berücksichtigung ökologischer und ökonomischer Aspekte.
Tanklagersanierung mit dem TUBA-Verfahren (Dampf-Luft-Injektion)
Für die Schadensherdsanierung zur Entfernung der MKW mit dem TUBA-Verfahren (thermisch unterstützte Bodenluftabsaugung) wurde am Standort Petroleumhafen Hamburg eine Grundfläche von grob 10.000 m2 hergerichtet. Für die Sanierung wurden neben dem Sanierungsfeld (Abbildung 5, Abbildung 6) ein Dampferzeuger mit einer Dampfkapazität von bis zu 10.000 kg Dampf/h (Abbildung 4), eine Bodenluftabsaugung (BLA) und Bodenluftreinigung mit einer Leistung von bis zu 7.500 m3 Bodenluft/h und eine Grundwasserreinigungsanlage zur Förderung und Reinigung von bis zu 16 m3 Wasser/h installiert und betrieben (Abbildung 8).
Fachartikel zum Download:
Energiesparend, effizient, nachhaltig: in-situ Tanklagersanierung mit Dampf
Der im Dampfkessel erzeugte Dampf wurde mit Überdruck in die Hauptleitung geleitet. Je nach Sanierungsphase wurden weitere Gase zugemischt. Das Dampf-Luft-Gemisch wurde in über 120 Pegeln teils bis 12 m u. GOK in das Grundwasser injiziert. Der laterale Abstand der Injektionspegel betrug ca. 10 m. Durch die Injektion wurden sowohl die wassergesättigte als auch die ungesättigte Bodenzone erhitzt. In der Folge verdampften die Schadstoffe und reicherten sich zunächst lokal und temporär maßgeblich in der Bodenluft an.
Zur Förderung der Schadstoffe wurde die schadstoffbelastete Bodenluft aus über 150 Bodenluftabsaugpegeln zwischen 2 und 4 m unter Gelände abgesaugt und im geschlossenen Leitungssystem zur Bodenluftreinigung geleitet (Abbildung 7). Vor dieser wurde die Luft gekühlt und getrocknet (Kondensatoren, Wasserabscheider). Das Kondensat wurde separat gesammelt und teilweise der Wasseraufbereitungsanlage zugeführt. Die kontaminierte Bodenluft wurde mittels einer rekuperativen thermischen Oxidation (RTO) gereinigt. Hierzu wurde die kontaminierte Luft durch einen Heißbettreaktor geleitet. Bei Temperaturen von bis zu 900°C wurden die Benzin-KW und andere Schadstoffe in Wasser (H2O) und Kohlenstoffdioxid (CO2) umgesetzt. Durch den Brennwert des MKW-Schadstoffgemisches beheizte sich der Reaktor im Dauerbetrieb überwiegend selbst.
Zur hydraulischen Sicherung der thermischen Grundwassersanierung erfolgte zunächst eine Entnahme von Leichtphase (Ölphase) mittels Bandskimmern (Ölabscheider). Die vergleichsweise geringe Menge abgeschiedener Leichtphase wurde fachgerecht extern entsorgt. Nach zwei Monaten wurden anstelle der Bandskimmer Grundwasserpumpen eingesetzt, MKW-kontaminiertes Wasser aus den vier Brunnen gepumpt und in der Wasseraufbereitungsanlage gereinigt.
Der Sanierungsbetrieb wurde Anfang November 2020 abgeschlossen (Abbildung 9). Die Räumung der Anlagen, das Wiederherstellen der Fläche sowie die Gesamtabnahme der abgeschlossenen Altlastensanierung erfolgte bis zum 16.12.2020.
Herausforderungen und Lösungsansätze bei der thermischen MKW-Grundwassersanierung
Aufgrund der Schnittstellen bei der Baureifmachung war der Zeitplan für die Umsetzung der Altlastensanierung eng bemessen. Für den laufenden Sanierungsbetrieb sowie die Brunneninstallation war der sehr komplex und heterogen gegliederte Untergrund am Standort eine große Herausforderung. Die Grundfläche von ähnlich charakterisierten Sanierungsabschnitten lag in der Größenordnung von rund 500 m2. Je nach Schadstoffbelastung und Zusammensetzung konnte ein hochexplosives Schadstoffgemisch in den Absaugleitungen entstehen und musste zur Vermeidung von Explosionen verdünnt werden.
Zudem stellte die komplexe Wasserchemie aus aromatischen, aliphatischen und weiteren Schadstoffen einerseits und den typischen natürlichen Wasserinhaltsstoffen andererseits (u.a. Huminstoffe, Eisen) große Herausforderungen an die Wasseraufbereitung. Die Wasserreinigung erfolgte maßgeblich durch Fällung und Strippung. Hierzu musste vorher eine Schaumbildung des belasteten Wassers unterbunden werden.
Im Sanierungsverlauf war daher insgesamt eine sehr dynamische Betriebsführung erforderlich, um die zahlreichen standortspezifischen Limitierungen für die Dampf-Luft-Injektion, die Bodenluftabsaugung und -reinigung sowie die Wasseraufbereitung erfolgreich zu überwinden. Kompetentes Personal am Standort, Fernüberwachung der Anlagen, umfangreiche Datenauswertungen, ein umfangreiches Prozessverständnis, kontinuierliche Betriebsanalysen waren Grundlage für dieses erfolgreiche Großprojekt. Zur Dokumentation und für Prozessanalysen kam unser eigenes BIM (Building Information Modeling) zum Einsatz.
Energiesparend, effizient, nachhaltig
Bei der wohl größten thermischen in-situ Sanierung in Europa wurden in nur 17 Monaten Sanierungsbetrieb über 280 Tonnen Benzin-KW erfolgreich aus grob 100.000 m3 Boden und dem Grundwasser ausgetragen. Die mobilisierten Schadstoffe wurden vor Ort gezielt über ein geschlossenes Leitungssystem aus dem Boden gefördert, beseitigt und saubere, gereinigte Luft in die Atmosphäre abgegeben.
Schneller Sanierungserfolg durch gezielten Energieeinsatz
Die Sanierung mit unserem TUBA-Verfahren am Standort Petroleumhafen Hamburg darf als hochgradig energieeffizient und energiesparend bezeichnet werden (Abbildung 10). Die damit bewirkte Schadstoffentfrachtung ist ebenso nachhaltig wie dauerhaft. Der spezifische Energieverbrauch lag nur bei rund 55 kWh je Tonne Boden bzw. bei rund 36 kWh je Kilogramm Schadstoff.
Im Literaturvergleich mit konventionellen hydraulischen Maßnahmen zählt die hier ausgeführte thermische in-situ Sanierung beim spezifischen Energieverbrauch zu den Top 10% und unterschreitet den Median hydraulischer Maßnahmen (850 kWh/kg) um mehr als das 20-fache.
Sanierungskosten dieser MKW-Sanierung
Die Sanierungskosten dieser thermischen in-situ Sanierung lagen bei rund 6 Mio. Euro. Die Heizkosten hatten hierbei einen Anteil von rund 16% (bereits inkludiert). Die spezifischen Sanierungskosten dieser thermsichen in-situ Sanierung lagen nur bei rund 30 € je Tonne Boden. Sie lagen damit deutlich unter den Kosten für eine Bodenentsorgung bei einem klassischen Bodenaustausch und dem nachfolgenden Wiedereinbau. Die Kosten hierfür lassen sich grob zu 100 - 150 € je Tonne Boden abschätzen.
Die spezifischen Sanierungskosten je Kilogramm Schadstoff lagen bei dieser TUBA-Sanierung bei rund 21 € (was dem hohen Schadstoffaustrag geschuldet ist). Die spezifischen Kosten dieser TUBA-Sanierung unterschreiten die Literaturwerte für konventionelle hydraulische Grundwassersicherungen.
Bodenaushub und Entsorgungskosten gespart
Durch die TUBA-Sanierung konnte ein Aushub von über 100.000 m3 Boden vermieden werden. Dieses entspicht grob 200.000 Tonnen Boden oder mindestens 8.000 LKW-Transporten. Lagert man den kontaminierten Boden in einer Deponien ein, so bleiben die Schadstoff dort auch der nächsten Generation erhalten.
Durch die Vermeidung von Bodenaushub und Transporten gab es keine Gefährdung unbeteiligter Dritter. Fahrten mit MKW-kontaminiertem Boden durch Hamburg, Baulärm und Staub wurden vermieden. Die MKW-Sanierung erfolgte, mit Ausnahme der Bohrgutentsorgung, ohne externe Bodendekontamination. Zudem musste kein neuer Boden abgebaut, antransportiert, eingebracht und verdichtet werden. Dieses schont die Ressource Boden und trägt somit ebenfalls zum Umweltschutz bei.
Durch den erfolgreichen Schadstoffaustrag aus dem Grundwasser mit den TUBA-Verfahren ist eine dauerhafte Sicherung und Überwachung des Grundstücks nicht mehr erforderlich. Der Weg zur Wiedernutzung dieser Brachfläche ist nun frei für ein erfolgreiches Flächenrecycling.
Sanierungsziel für MKW erreicht, Grundwassermonitoring eingestellt
Um den Erfolg der TUBA-Sanierung zu bewerten, wurde als Kriterium ein Vergleich der Bodenkonzentrationen vor und nach der Sanierung festgelegt. Bodenkonzentrationen, die vor der Sanierung die Sanierungsziele überstiegen (Benzinkohlenwasserstoffe (500 mg/kg), BTEX (30 mg/kg)), wurden durch die TUBA-Sanierung fast um einen Faktor 1.000 reduziert. Dies entspricht einem durchschnittlichen Sanierungserfolg von grob 99,7 %.
Mit dem Abschluss der Altlastensanierung wurde auch das Grundwassermonitoring eingestellt.
Die in Boden und Grundwasser vorhandene Restwärme wirkt sich in mehrfacher Hinsicht auf die Beseitigung verbliebener Restbelastungen (MKW) aus, z.B. in angrenzenden Randbereichen neben dem ehemaligen Schadensherd. Hier sind die jetzt warmen Kohlenwasserstoffe für einen mikrobiologischen Abbau besser verfügbar. Zudem wird dieser Schadstoffabbau durch die Wärme stimuliert. Diese zusätzliche mikrobiologische Reinigungsleistung ist nicht bilanziert und verbessert oben beschriebene Effizienz der thermischen Grundwassersanierung zusätzlich. Stichprobenartige Nachsondierungen nach einem Jahr belegten vorgenannte Aussage.